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Die elektronische notarielle Urkunde

Notarielle Urkunden können nicht nur in Papierform, sondern auch elektronisch errichtet werden.

Grundlage für die Erstellung elektronischer Urkunden sind die §§ 39a, 42 Abs. 4 BeurkG und § 15 Abs. 3 BNotO. 

I. Aussehen der elektronischen notariellen Urkunde (§ 39a BeurkG)

Das Aussehen der elektronischen notariellen Urkunde ist in § 39a BeurkG geregelt. Naturgemäß ergeben sich hier aufgrund des anders gearteten Trägermediums Unterschiede zur Urkunde in papiergebundener Form. Da bei der elektronischen Urkunde aus technischen Gründen weder die Unterschrift noch das Siegel beigefügt werden können, hat die gesetzgebende Instanz an die Stelle der eigenhändigen Unterschrift und des Siegels funktionsgleiche elektronische Äquivalente gesetzt. Diese sind in § 39a BeurkG geregelt.

1. Qualifizierte elektronische Signatur als Äquivalent der Unterschrift

Gemäß § 39a Satz 2 BeurkG muss die elektronische Datei eine qualifizierte elektronische Signatur tragen. Die qualifizierte elektronische Signatur ist das Äquivalent der eigenhändigen Unterschrift. Dies ergibt sich aus der Funktion der qualifizierten elektronischen Signatur. Bei dieser wird in einem Zertifizierungsverfahren ein Signaturschlüssel nachweislich einer bestimmten Person durch den Zertifizierungsdiensteanbieter (Zertifizierungsstelle, Trust Center) zugewiesen und auf einer sicheren Signaturerstellungseinheit (Signaturkarte) gespeichert (vgl. insbesondere § 5 SigG). Durch Eingabe der zugehörigen PIN in das Kartenlesegerät kann die qualifizierte elektronische Signatur (die elektronische Unterschrift) erzeugt werden. Die gesetzgebende Instanz hat in §§ 126 Abs. 3, 126a BGB die Funktionsäquivalenz von eigenhändiger Unterschrift und qualifizierter elektronischer Signatur anerkannt.

Aus der Funktion als Ersatz der Unterschrift ergibt sich für Notarinnen und Notare auch das Prinzip der Höchstpersönlichkeit bei der Zuordnung und Verwendung der Signaturkarte. Die Signaturkarte darf demnach nicht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder dritten Personen zur Verwendung überlassen werden und ist zudem vor Missbrauch zu schützen. Eine entsprechende Ergänzung der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer in Abschnitt IV. um eine neue Ziffer 2. hat die 92. Vertreterversammlung bereits am 28.4.2006 in Berlin beschlossen. Wenn die Notarin oder der Notar den Signiervorgang nicht selbst vornimmt, sondern unter Verstoß gegen das Beurkundungsgesetz und die Richtlinien nach Weitergabe von Signaturkarte und PIN durch eine dritte Person ausführen lässt, ist die elektronische Vermerkurkunde unwirksam.

Die Technik der qualifizierten elektronischen Signatur eignet sich für die Erzeugung elektronischer notarieller Urkunden, da sie einerseits auf einem sehr hohen Sicherheitsniveau den Nachweis von Veränderungen eines signierten Dokuments ermöglicht und andererseits eine rechtssichere Zuordnung eines Zertifikats zu einer bestimmten Person sichergestellt ist. Der Nachweis von Veränderungen ist möglich, da von der zu signierenden Datei ein unverwechselbarer Datenfingerabdruck (sog. Hash-Wert) generiert wird, der mit einem nur dem Zertifikatsinhaber bekannten sog. privaten Schlüssel (private key) verschlüsselt wird. Die Entschlüsselung erfolgt durch einen für sämtliche Personen im Zertifizierungsverzeichnis der Zertifizierungsdienste anbietenden Firma abrufbaren öffentlichen Schlüssel (public key). Dieser Schlüssel korrespondiert mathematisch mit dem von der signierenden Person benutzten privaten Schlüssel. Durch die bei Erstellung des Schlüsselpaares verwendete mathematische Funktion wird gewährleistet, dass man den privaten Schlüssel auch dann nicht berechnen kann, wenn man im Besitz des öffentlichen Schlüssels ist. Um diese Nichterrechenbarkeit auch dauerhaft sicherzustellen, wird das Zertifikat nach vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) festgelegten Zeiträumen automatisch gesperrt. Daher ist der regelmäßige Erwerb neuer, technisch verbesserter Signaturkarten in den vom BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) festgelegten Abständen erforderlich. Die rechtssichere Zuordnung des Schlüssels zu einer bestimmten Person geschieht dadurch, dass eine vertrauenswürdige dritte Stelle – die Zertifizierungsstelle (Trust Center) – bei Erteilung des Zertifikats die Authentizität der antragstellenden Person feststellen muss.

2. Notarattribut als elektronisches Äquivalent des Siegels

Gemäß § 39a Satz 4 BeurkG ist notwendiger Bestandteil eines einfachen elektronischen Zeugnisses der Notarin oder des Notars ein Nachweis der Notareigenschaft. Zweck dieser Regelung ist es, vergleichbar zum Siegel, sicherzustellen sowie dauerhaft nachprüfen zu können, dass die Urkunde von einer Notarin oder einem Notar stammt, nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Beurkundungsgesetzes aufgenommen wurde und somit hoheitlichen Charakter aufweist.

Technisch wird die Anforderung des § 39a Satz 4 BeurkG bei der von der Notarin oder dem Notar erstellten Urkunde regelmäßig dadurch realisiert, dass das die Notareigenschaft bestätigende Notarattribut Bestandteil des qualifizierten Zertifikats der Notarin oder des Notars ist. Der Nachweis der Notareigenschaft über ein Attribut nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 SigG, welches Bestandteil des qualifizierten Zertifikats ist, oder über ein gesondertes Attributs-Zertifikat nach § 7 Abs. 2 SigG ist nach der Regelungsvorgabe des § 39a Satz 4 BeurkG nicht zwingend. So wird er bei der elektronischen notariellen Urkunde einer den Notar vertretenden Person gewöhnlich über eine elektronische beglaubigte Abschrift der Bestellungsurkunde der den Notar vertretenden Person geführt, die über einen ZIP-Container mit dem elektronischen Dokument verbunden ist (vgl. Rundschreiben 25/2006 der Bundesnotarkammer vom 07.12.2006).

II. Inhalt der elektronischen notariellen Urkunde (§§ 39, 39a BeurkG)

Für die elektronische Urkunde nach § 39a BeurkG gelten grundsätzlich dieselben rechtlichen Regeln wie für die papiergebundene Vermerkurkunde. § 39a BeurkG macht aufgrund des anders gearteten Mediums nur nähere Vorgaben zur Ausgestaltung der elektronischen Urkunde. Hinsichtlich der Frage des Inhaltes der vom Notariat zu erstellenden Urkunde sind die Generalnorm des § 39 BeurkG und § 39a BeurkG jedoch deckungsgleich. Grundsätzlich kann daher jede Vermerkurkunde, die bislang in papiergebundener Form erzeugt wurde, auch in elektronischer Form dargestellt werden. Konsequenz daraus ist, dass die weiteren Vorschriften der §§ 39 ff. BeurkG, die nähere Vorgaben zum Inhalt der Vermerkurkunde machen, auch auf die elektronische Urkunde Anwendung finden müssen, sofern sie nicht – wie bei der Unterschriftsbeglaubigung (§ 40 BeurkG) – zwingend eine papiergebundene Form voraussetzen.

III. Elektronischer Handelsregisterverkehr als wichtigster Anwendungsfall

Ihre größte praktische Bedeutung erlangt die elektronische notarielle Urkunde derzeit im Handelsregisterverfahren. Hier geht es um die Transformation einer papiergebundenen notariellen Urkunde (wie z. B. der Handelsregisteranmeldung oder der GmbH-Gründungsurkunde) in eine elektronische Urkunde. Nach § 12 HGB dürfen seit dem 1.1.2007 Handelsregisteranmeldungen und ihre Anlagen grundsätzlich nur noch in elektronischer Form eingereicht werden. In der Praxis wird die Anforderung des § 12 Abs. 1 HGB, der eine Einreichung „elektronisch in öffentlich beglaubigter Form“ verlangt, für die Handelsregisteranmeldung wie folgt umgesetzt: In einem ersten Schritt wird – wie bisher – die in Papierform vorliegende Handelsregisteranmeldung von der antragstellenden Person eigenhändig unterzeichnet. Zusätzlich errichtet die Notarin oder der Notar in Papierform das übliche Zeugnis (Unterschriftsbeglaubigungsvermerk), das mit der Handelsregisteranmeldung verbunden wird. In einem zweiten Schritt ist diese Papierurkunde in die elektronische Form zu überführen. Im Ergebnis geschieht dies durch Fertigung elektronischer beglaubigter Abschriften.

IV. Technische Umsetzung

Zur Erzeugung einer qualifizierten elektronischen Signatur nutzt die Notarin oder der Notar eine Signaturkarte. Diese kann bei der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer erworben werden. Daneben werden ein Kartenlesegerät und spezielle Softwareprogramme benötigt. Hierzu hat die NotarNet GmbH die Programme „SigNotar“ und  „XNotar“ entwickelt.

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